Axel Rudi Pell bleibt auch auf seinem neuen Album "Risen Symbol" seinem für ihn typischen Melodic Metal treu.
11.07.2024 UPDATE: 11.07.2024 04:00 Uhr 3 Minuten, 35 Sekunden
Von Steffen Rüth
Axel Rudi Pell, Melodic-Metal-Ikone aus dem Ruhrgebiet, hat mit "Risen Symbol" ein weiteres seiner Axel-Rudi-Pell-Alben gemacht. Solides Handwerk, erstklassige Melodien, inhaltlich ein bisschen an der Oberfläche. Mit Pell (63) sprach Steffen Rüth darüber, warum er von der Hitparade mit Schlager zum Hardrock umschwenkte und warum er Bochum nie verlassen würde.
Hallo Axel, alles bestens?
Axel Rudi Pell: Mir geht es sehr gut. Viel Arbeit und wenig Brot. Ich bin gerade auf Diät, esse morgens zwei Scheiben Körnerbrot, mittags Käse und abends auch. Zwischendurch dann vielleicht mal einen Apfel oder eine Banane, und so komme ich gut durch den Tag.
Wie hast du dich denn sonst ernährt?
Schlecht. Mit viel Junkfood, das ist meine große Schwachstelle. Noch schlimmer: Ich bin Kuchenfan. Jeden Nachmittag könnte ich mich in Kuchen reinlegen, das mache ich jetzt aber gar nicht mehr. Null Kuchen in der nächsten Zeit.
Du machst seit vielen Jahren internationale Musik, aber den Drang, mal nach Los Angeles oder nach London oder so zu ziehen, den hast du nie verspürt, oder?
Nee, voll nicht. Musik, die auf der ganzen Welt gehört wird, die kann ich auch in Wülferode machen, dafür muss ich nirgendwo anders hinziehen. Jetzt Gott weiß wohin zu ziehen, das würde mich eher irritieren. Ich habe hier in Bochum seit vielen Jahren meinen Freundeskreis, ich fühle mich hier wohl. Man sagt ja "Zwischen Dortmund und Essen wird Bochum meist vergessen", aber das ist Quatsch. Wir haben hier das beste Kneipenviertel, das Bier in Bochum ist super, ich habe hier meine Lieblingsrestaurants. Bochum ist perfekt für mich, ich will hier gar nicht weg.
Das gute, alte Bermudadreieck.
Ja, allerdings bin ich dort nicht mehr so oft am Start. Das Bermudadreieck ist geil, aber mehr was für Leute unter 50. Mittlerweile sind da nur noch Kiddies unterwegs, das ist nicht mehr meins. Aber es gibt auch immer noch Ecken, wo ich gerne abends mal hingehe. Ich habe ein ganz normales Leben. Wenn ich nicht auf Tour bin, bin ich zuhause, komponiere Songs, erledige, was so zu erledigen ist rund um meine Musik.
Bist du einer, der sich sagt: So, heute fange ich an, ein neues Album zu schreiben?
Nein, so funktioniere ich nicht. Ich bin nicht der Typ, der auf Kommando kreativ sein Ich mache das so, dass ich immer mein Handy mit Diktiergerät dabeihabe. Es kommt vor, dass ich beim Metzger bin ein Pfund Hack bestelle, auf einmal kommt mir eine Melodie, die singe ich dann schnell ins Handy. Mir egal, wenn alle in dem Moment denken, ich hätte ein Rad ab (lacht).
Gibt es einen Gitarristen, wegen dem du angefangen hast zu spielen?
Ritchie Blackmore. Ich habe Deep Purple im Fernsehen gesehen, Anfang der Siebziger, und nur gedacht: Was ist das denn? Ich habe vorher, das muss ich der Ehrlichkeit halber sagen, nur deutschen Schlager gehört, die "Hitparade" mit Dieter Thomas Heck war meine Lieblingssendung. Aber dann bin komplett umgeschwenkt bin. Von da an hörte ich nur noch sowas. Ich fand Blackmore als Junge einfach magisch und geil, wie der spielte. Zwei, drei Jahre später kamen UFO dazu mit Michael Schenker, natürlich auch Led Zeppelin, obwohl ich Jimmy Pages‘ Solospiel nie so mochte wie das von den anderen genannten Kollegen.
Welche Schlager waren dir die liebsten?
"Mendocino" von Michael Holm fand ich mega. Bata Illic. Auch "In The Summertime" von Mungo Jerry habe ich geliebt.
Hattest du als Teenager schon eine Matte?
Ja, auf jeden Fall. Die habe ich mir wachsen lassen, seit ich zwölf war.
Mit zwölf die erste Gitarre, mit 18 die erste Band Steeler, 1984 ein Plattenvertrag beim selben Label wie Warlock mit Doro Pesch. Seit 1989 Chef von Axel Rudi Pell, jener Band, die so heißt wie du. Lebst du bis heute deinen Jugendtraum?
Kann man so stehenlassen. Meine erste E-Gitarre habe ich, wieder von meinen Eltern, Weihnachten 1973 geschenkt 1974 in einem Jugendclub. Wir haben mit drei Kollegen in einem Keller geprobt, dienstags und Samstag war immer Tanztee. Irgendwann kam der Jugendclubleiter zu uns und meinte: Ihr müsst beim Tanztee spielen, die Musikanlage ist kaputt. Danach hatten wir auch Glück, die richtigen Leute zu kennen.
Anfang der Neunziger kam Grunge und hat den Hardrock ziemlich platt gemacht. Wie hast du das erlebt?
Ich bin immer meinen Wurzeln treugeblieben, habe mich stilistisch nie großartig verändert. Das wäre unehrlich mir gegenüber gewesen, weil ich sonst keinen Spaß gehabt hätte, aber auch den Fans gegenüber. Viele Bands, die vorher Melodic Metal gemacht hatten, kamen ja auch plötzlich an und versuchten, Grunge zu machen. Die sind natürlich fürchterlich auf die Schnauze gefallen, zurecht. Denn wer sich verbiegt, der hat es nicht anders verdient, das ist zumindest meine Meinung. Und deswegen wir es auch nie ein Axel-Rudi-Pell-Album geben, das stilistisch in einer anderen Welt stattfindet. Darauf hätte ich gar keinen Bock.
Welchen Stellenwert hatten Sex und Drogen neben dem Rock’n’Roll?
Wir waren da schon dran beteiligt, auch schon zu Steeler-Zeiten, aber naja, es war nichts Wildes. In zweieinhalb Jahren bekomme ich meine reguläre Rente, da fange ich mit so einem Quatsch auch nicht mehr an (lacht). Ich mache aber trotzdem weiter Musik. Bis ich irgendwann mal tot umfalle. Guck mal, Keith Richards, der ist 80, und der raucht immer noch (lacht).
Was würde wohl der zwölfjährige Axel, der gerade Rock und Metal entdeckt hat, über den heute fast 64-Jährigen denken?
Was ist das denn für ein Freak (lacht). Ach ja, nee, alles gut. Ich bin glücklich und hochzufrieden mit meiner Musik und meinem Leben. Das Feuer in mir, das brennt noch. Hoffentlich brennt es auch noch viele Jahre weiter.
Info: "Risen Symbol" ist vor kurzem erschienen. Live spielt Axel Rudi Pell unter anderem am Samstag, 27. Juli, in Rottenburg am Neckar.